Insolvenzwelle in der Küchen- und Möbelbranche?

Die Welt ist im Wandel. Der stationäre Handel leidet.

Droht vielen Küchenstudios und Möbelhäusern im Zuge der wirtschaftlich ungewissen Zukunft nun die Insolvenz?

Wird das Wachstum so weitergehen? Oder steht die Küchen- und Möbelbranche vor rauen Zeiten?

1. Status Quo: Küchen- und Möbelhandel

a. Status Quo: Küchenhandel

Erschwerend kommt hinzu, dass der Gang zum Küchenstudio mit einem entsprechenden Aufwand verbunden ist, die „Gefahr“ eine falsche Entscheidung zu treffen und einen unnötigen Fahrtweg auf sich zu nehmen ist im Vergleich zum Schnellen Durchstöbern der Website des Händlers schlichtweg zu groß.

Deshalb findet die Bestätigung eines Küchenhändlers nicht (mehr!) durch eine Fahrt zum Geschäft statt und nicht durch einen Anruf sondern, durch einen kurzen Blick auf die Website. Die Website ist also ein grundlegendes Entscheidungkriterium, wenn nicht sogar das Hauptkriterium, ob das Küchenstudio schlussendlich besucht (Vertrauen + Bestätigung) oder ob der Händler abgewählt (Abschreckung) wird.

b. Status Quo: Möbelhandel

Der Möbelhandel, insbesondere mittelständische Möbelhäuser hatten bereits in den letzten Jahren mit einer vermehrten Kaufzurückhaltung zu kämpfen. Der Online-Möbelhandel hingegen floriert und geht auf den direkten Preiswettbewerb ein, den ein stationäres Möbelhaus nicht mitgehen kann. Auch aus Bequemlichkeit werden Möbel häufig Online gekauft: Stühle, Tische und Couches werden ganz einfach nach Hause geliefert. Einige Möbelhäuser mit eigener Küchenabteilung konnten den Umsatzrückgang durch die steigenden Umsätze im Küchenbereich stabil halten oder steigern.

2. Faktor Küchenhersteller

a. Konzentrierung der Küchenhersteller

Der größte Pleiteschock in der Küchenmöbelindustrie war wohl die des ehemals größten Küchenherstellers „Alno“ im Jahr 2017. Mit dabei waren auch die zur Alno Gruppe gehörenden Küchenhersteller Pino (Heute ein Teil von Nobilia Küchen) und Wellmann Küchen. Weitere Küchenhersteller im Premiumsegment folgten in den darauffolgenden Jahren. So sind Zeyko Küchen nun endgültig insolvent. Der Küchenhersteller Poggenpohl meldete im Jahr 2020 ebenfalls Insolvenz an, wurde zwischenzeitlich jedoch von einem chinesischen Investor gekauft. Ende September 2022 meldete der deutsche Traditionshersteller Rational Küchen nun auch Insolvenz an. Wie es mit dem Unternehmen weitergeht ist aktuell unklar.

b. Preissteigerungen bei den Küchenherstellern

Das Marktumfeld ist aktuell sehr volatil und viele Lieferketten sind aufgrund der Coronapandemie immer noch unterbrochen. Durch die kompliziertere Beschaffung von Rohstoffen sind natürlich auch die Produktionskosten der Küchenhersteller immens gestiegen. Auch die hohen Energiepreise haben einen stark negativen Einfluss auf die Produktionskosten gehabt. Nicht umsonst haben viele namhafte Küchenhersteller im September diesen Jahres massive zweistellige Preissteigerungen verkündet, die entsprechend an die Küchenhändler weitergereicht werden. Dem Küchenhandel entstehen somit höhere Kosten, die mit großer wahrscheinlich an die Endkunden weitergereicht werden.

Die Inflation als Wirtschaftshemmer.

3. Bauvorhaben & Energiekosten

a. Sinkende Bauvorhaben

Viele Küchenhändler stellen Küchen für verschiedenste Bauvorhaben bereit. Gerade in Gegenden in denen viele Einfamilienhäuser gebaut werden, meist im Einzugsgebiet einer Großstadt, hat das Geschäft floriert. Inflation, sehr hohe Bauzinsen und Rohstoffknappheit sorgen jedoch aktuell für einen immensen Baurückgang. Alleine in Berlin wurden 8,7 % weniger Baugenehmigungen ausgestellt (Quelle: Tagesspiegel). Weniger Bauvorhaben bedeuten auch gleichzeitig, dass weniger Küchen verkauft werden, denn wer in eine neue Wohnung oder Haus zieht benötigt auch eine neue Küche.

Dieser Umstand lässt sich in großen Teilen auf die gestiegenen Bauzinsen zurückführen, die gerade bei Familien ein Loch in die Kasse reißen. Wer vorher auf 1.000.000 € Kredit eine Zinsbelastung von ca. 10.000 € / Jahr hatte, wird nun ca. mit dem dreifachen Wert konfrontiert. Während 10.000 € eine monatliche Belastung von 833,33 € darstellten, liegt diese bei einem Wert von 30.000 € nun bei 2.500 € im Monat. Eine vierköpfige Familie wird eine monatliche Belastung von 833,33 € im Regelfall eingehen können. Eine Zusatzbelastung von 2.500 € eben nicht mehr so einfach.

Infografik: Bauzinsen steigen kräftig | Statista
Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

b. Hohe Energiekosten

Infografik: So stark sind die Energiekosten gestiegen | Statista
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4. Sonderkonjunktur: Coronakrise

Entgegen der allgemeinen Erwartungen war die Coronakrise in den Jahren 2020-2021 mit einer Sonderkonjunktur behaftet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Menschen im Lockdown größtenteils zuhause aufhalten mussten und daher ihr Kapital nicht in Reisen, sondern in die Verschönerung des eigenen Zuhauses investiert haben. Stand der Küchenkauf für die nächsten Jahre an, so wurde dieser vorgezogen. Ergebnis: Viele Küchen- und Möbelhändler mit Küchenabteilung verzeichneten ein (teils immenses) Umsatzwachstum.

Fakten Küchenbranche 2021 + 2022

5. Aktueller Stand: Sinkende Nachfrage

Viele Küchen- und Möbelhändler berichten aktuell von einer sinkenden Nachfrage und rückläufigen Umsätzen. Abgefedert wird dieser Trend noch durch die Abarbeitung bestehender Aufträge, denn meistens wird die Küche erst nach dem Aufbau vollständig bezahlt. Dennoch lässt eine sinkende Frequenz im Küchenstudio, weniger Anrufe und Kontaktanfragen aufhorchen und einen Vorgeschmack auf das kommende Jahr zu.

Trotz der aktuellen Krisen, Kriege, Unruhen und genereller Widrigkeiten gehen einige Experten dennoch von einen positiven Trend aus.

6. Droht eine Insolvenzwelle?

Möbelhäuser:

Fangen wir mit den Möbelhäusern an. Gebeutelt von einer sinkenden Nachfrage vor dem Auftreten von Corona, der darauffolgenden Coronakrise und dem Online Wettbewerb, standen viele mittelständische Möbelhäuser bereits seit einigen vor gewaltigen Herausforderungen. Die Preissteigerungen der verschiedenen Hersteller (nicht nur Küchenhersteller) und besonders die hohen Energiekosten machen mittleren und größeren Möbelhäusern zu schaffen. Dass gerade die kleinen und mittleren Möbelhäuser im Regelfall die Digitalisierung verschlafen haben, ist ein weiterer Punkt in der Reihe der Schwierigkeiten zur Bewältigung der Gegenwart. Ohne Entlassungen werden die knapp 3000 deutschen Möbelhäuser wohl kaum auskommen. Jedoch ist auch hier die Frage ob Kostenkürzungen überhaupt noch das Ruder herumreißen können.

Unserer Einschätzung nach sind Möbelhäuser, besonders die ohne Küchenabteilung stark insolvenzgefährdet.

Küchenhändler:

Bei Küchenhändlern sieht die Lage tendenziell noch besser aus, da diese häufig nicht so hohen Fixkosten ausgesetzt sind und das Produkt „Küche“ einfach mit einer so hohen Marge behaftet ist. Oftmals müssen nur wenige Küchen im Monat verkauft werden um die Kosten zu decken.

Dennoch sind aktuell sehr viele Akteure am Markt und der Wettbewerb wird härter, gerade wenn in Krisenzeiten um Kunden gekämpft werden muss. Die geringere Nachfrage muss unter den bestehenden Akteuren aufgeteilt werden. Da auch viele Küchenhändler den Übergang zum Internet verpasst haben, werden gerade die, die an dieser Stelle ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben vor zunehmende Probleme gestellt.

Potenzielle Neukunden suchen weitestgehend im Internet nach einer neuen Küche, sowie dazugehörigen Inspirationen. Wer sich hier nicht optimal darstellt, Kunden gezielt übers Internet akquiriert und massiv in den eigenen Online-Auftritt investiert, hat vielleicht schon verloren.

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